Jan Meyer-Rogge: Architektur des Gleichgewichts

Ausstellungskatalog, hrsg. mit einer Einleitung (dt.) von Ulrike Schick sowie Nachdrucken der Texte (dt.) von Michael Fehr, Eugen Gommringer, Max Imdahl, Lothar Romain, Uwe M. Schneede
136 S. mit 180 farbigen Abbildungen
Format 30 x 23,5 cm, Hardcover

ISBN 978-3-940953-86-5

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Klassische Schwebe

Seit fast einem halben Jahrhundert arbeitet Jan Meyer-Rogge klassische Plastiken, die Uwe M. Schneede Balancen im Raum und in der Landschaft nennt. Dabei nutzt der 1935 geborene Künstler mit sehr viel Geschick die Naturgesetze und stellt sie mitunter ein wenig auf den Kopf, ganz nach dem Motto der Schweizer Kollegen Fischli und Weiss, am schönsten ist das Gleichgewicht, kurz bevor es dann zusammenbricht.
Allerdings wäre es falsch, den viele Jahre in Hamburg aktiven Künstler auf die Humorschiene festzulegen. Gerade deutsche Künstler seiner Generation, die nicht nur den Krieg als Kind noch miterlebt haben, sondern vor allem in den Gründerjahren der alten Bundesrepublik erwachsen wurden, prägte ein sehr ernsthafter wie gewissenhafter Umgang mit der eigenen Profession und ihren Freiheiten. So ist die Erkenntnis, wie sie Jan Meyer-Rogge 1994 äußert, auf die Erfahrungen aus einer langen bildhauerischen Praxis zurückzuführen: »Wenn es gelingt, den Moment zu erkennen, in dem das Material beginnt, sich selbst zu organisieren, entferne ich mich schrittweise aus dem Vorgang und überlasse es jetzt dem Material zu handeln.«
Das Buch nimmt die von Ulrike Schick in Otterndorf kuratierte Ausstellung zum Anlass, nochmals Schlaglichter auf die verschiedenen Werkgruppen der letzten 30 Jahre zu werfen, vor allem die im größeren Maß ausgeführten Skulpturen, nachdem in Otterndorf zumeist nur kleinere Arbeiten zur Ausstellung kommen konnten. Die eingestreuten Nachdrucke der Texte von Max Imdahl oder auch Uwe M. Schneede zeigen dabei deutlich, welch herausragende Rolle materielle Erscheinung und konstruktives Prinzip in den Arbeiten von Jan Meyer-Rogge spielen. Und sie verdeutlichen vor allem, dass der Künstler für Norddeutschland, insbesondere Hamburg, eine herausragende Rolle gespielt hat, wo es in der Stadt vor 30 Jahren neben dem Kunstverein praktisch keine Institution gegeben hat, die regelmäßig zeitgenössische Kunst ausgestellt hätte. Zu vieles blieb in dieser Zeit dem Zufall überlassen, und erst mit der Einrichtung der Galerie für Gegenwart in der Kunsthalle Hamburg, dem Start der Deichtorhallen kann tatsächlich von einer repräsentativen Teilhabe der Stadt am internationalen Kunstgeschehen gesprochen werden, für die Jan Meyer-Rogge und seine Mitstreiter einst gekämpft haben.

Ausstellung:
mgk museum gegenstandsfreier kunst otterndorf, 03/04–12/06/2011