Dana Schutz: Waiting for the Barbarians

Kat. CFA Berlin

Ausstellungskatalog, hrsg. von CFA Berlin
Text (dt./eng.) von Marcus Woeller
24 S. mit 23 farbigen Abbildungen
Format 32,5 x 23,5 cm, geheftet

ISBN 978-3-86442-201-0

(vergriffen)

Schon da?

Das Warten hat ein Ende, die Barbaren haben sich nicht nur mal kurz gezeigt, sie drängeln weltweit an die Macht und läuten das sogenannte postfaktische Zeitalter ein, das von der öffentlichen Lüge dominiert scheint. Dana Schutz (geb. 1976 in Cleveland, Ohio, lebt in Brooklyn) ist diesem medial erzeugten Phänomen in ihren teils großformatigen Ölbildern schon länger auf der Spur. Auch bei ihr werden die Betrachter an Dix, Kirchner, Grosz oder die kubistischen Figurationen Picassos erinnert, doch hat sie in ihren neuesten Darstellungen gegenüber früheren Arbeiten nochmals das Drastische gesteigert. Im Bild »Fight in an Elevator 5« etwa scheint eine wahre Blutorgie stattgefunden zu haben: Der grimmige Alte, der beim Öffnen der Fahrstuhltüre die Zähne fletscht, hält den abgetrennten Kopf eines jüngeren am Schopf gepackt, und auch am Boden ist der abgetrennte Kopf einer blonden Frau zu sehen. Man fragt sich, was hier Schreckliches vorgefallen ist. Alles und doch wiederum auch nichts, lautet die Antwort, denn eine solche Darstellung wirkt harmlos im Vergleich dazu, wie Derartiges en détail in den sozialen Netzwerken ventiliert wird. Kunsthistorische Vorbilder drängen sich uns dabei nicht automatisch auf, doch – das machen uns die Bilder von Dana Schutz schmerzhaft bewusst – suchen wir händeringend nach ihnen; denn die anderen, alltäglichen Bilder wollen wir verdrängen, wollen nicht akzeptieren, dass Enthauptungen real stattfinden, nicht einfach nur als News unserer Unterhaltung dienen. Noch schwelgen wir im düsteren Humor der Künstlerin und haben dabei gar nicht bemerkt, dass sich der Aufzug mit dem allerneuesten barbarischen Personal in Bewegung gesetzt hat – und können wir beim vermeintlichen »Nach-Oben« überhaupt je wieder sicher sein, dass er irgendwo und -wann hält?

Ausstellung:
CFA Contemporary Fine Arts Berlin, 17/9–29/10/2016