Immer anders, immer gleich. Ein Versuch über Kunst und Systeme

Kat. Bündner Kunstmuseum Chur

Ausstellungskatalog, hrsg. von Lynn Kost
Texte (dt./eng.) von Walead Beshty, Francis Halsall, Lynn Kost, Stephan Kunz, Dieter Schwarz sowie ein umfangreiches Glossar
240 S. mit 150 farbigen Abbildungen
Format 27 x 21 cm, Softcover mit Schutzumschlag

ISBN: 978-3-86442-255-3

48,00 €

Was ist Minimal?

In den 1960er Jahren wuchs das Interesse der Kunstwelt an Systemen ­erkennbar. Es verlief parallel zu den ­gesellschaftlichen Umbrüchen und einer grundsätzlichen Systemkritik der ’68er Bewegung. Aus heutiger Sicht ­besonders folgenreich waren die technologischen Fortschritte. Die Entwicklung der Kybernetik, von Kommunikationsnetzwerken und Computersystemen ­ermöglichte weit­reichende Vernetzung und leistungsfähige Datenver­arbeitung und machte den ­Informationsaustausch zu einem wichtigen sozialen und wirtschaftlichen ­Faktor. Ausstellung und Publi­kation ­betrachten die Kunst der 1960er und ­frühen 1970er Jahre unter den ­Aspekten des Systemdenkens und ­begreifen sie als Kommunikation und Systemkritik. Vor allem Werke der Minimal Art und der Konzeptkunst befassten sich mit Grund­sätzen des sprachlichen Kom­munikationssystems und dabei mit Differenz und Wiederholung. Zeichenhaftigkeit, Serialität, Regelhaftigkeit sowie die ­­­­Kon­textualisierung des architektonischen und institu­tionellen Umfelds waren ­weitere wichtige Merk­male. Die Werke nahmen die Prinzipien des System­­denkens formal auf und stellten sie ­inhaltlich zur Debatte. Die Betrachtenden ­mussten ihre Standpunkte sowohl räumlich als auch gedanklich selbst beziehen und wurden so zu einem maß­geb­lichen Teil der Werke. 50 Jahre später ist das System­denken wirksamer denn je und durch die ­Digitalisierung unumgänglich für das Verständnis der Industrie­gesellschaften geworden. Komplexe ­Systeme ­vernetzen Wissen, werten Daten aus, steuern Informationsflüsse und deter­minieren ­Entscheidungs- und Produktionsprozesse. Sie ­bilden unser Umfeld, in dem wir vor allem nach Systemkompatibilität, Verfügbarkeit und Reichweite streben. Die Ausstellung und die Publikation zeigen repräsentative Werke der 1960er und 1970er Jahre zusammen mit zeitgenössischer Kunst, die sich mit heute systemrelevanten Fragen der Prozesshaftigkeit, der Datenverarbeitung, der Informationsver­zerrung und der Systemkompatibilität auseinander­setzen. Digitale Systeme und Software gehören für diese zeitgenössischen Kunstschaffenden ebenso zu ihren Werkzeugen wie Prinzipien des Systemdenkens. Beides beeinflusst und steuert ihre for­malen und inhaltlichen Entscheidungen, wenn sie Werke schaffen. Oft thematisieren sie ­gerade diese Abhängigkeit von den Systemen und Codes und machen so deren Funktionsweisen sichtbar. Das Buch und die Ausstellung »Immer ­anders, immer gleich« bilden selbst ein offenes kunsthistorisches Referenzsystem und stellen ­vielfältige Bezüge zwischen den unterschiedlichen Kunstwerken und Dekaden her. Wichtige Themen rund um das Verhältnis von Subjekt, Objekt, Wahrnehmung und Umwelt werden so sinnlich erlebbar: immer ­anders und doch immer gleich.

Künstlerinnen und Künstler: 
!Mediengruppe Bitnik, Carl Andre, Art & Language, John Baldessari, Walead Beshty, Stanley Brouwn, Peter Buggenhout, Angela Bulloch, Hanne Darboven, Matias Faldbakken, Corsin Fontana, Wade ­Guyton, Bethan Huws, Iman Issa, Donald Judd, On Kawara, Yves Klein, Sol LeWitt, Piero Manzoni, Robert Morris, Charlotte Prodger, Ad Reinhardt, Michael Riedel, Robert Ryman, Jan Schoonhoven, Frank Stella, ­Sturtevant, Rémy Zaugg

Ausstellung:
Bündner Kunstmuseum Chur, 30/6 – 11/11/2018