Markus Proschek: True Lies

Kat. Kunstraum Innsbruck

Ausstellungskatalog, hrsg. von Karin Pernegger
Texte (dt./eng.) von Mark Gisbourne, Interview von Lucy McKenzie mit Markus Proschek
144 S. mit 70 farbigen Abbildungen

ISBN 978-3-86442-258-4

34,00 €

Babylons Haus der Kunst

Für den in Österreich geborenen und in Berlin lebenden Künstler ­Markus Proschek (*1981) stellen unterschwellig nazistische Ästhetiken oder totalitaristische Architekturen immer ­wieder künstlerische Herausforderungen dar. Die in Öl gemalte Bronzeskulptur der »Schwimmerin« (2006) ist so ein Fall. Sie ruft in gewisser Weise die Bildtradition der Psyche bzw. des ­Narcissus auf, pendelt aber bildästhetisch als ­Breker-Schönheit ­zwischen Nazischwulst und Bauhaus-Coolness. Diesem ambivalenten Funk­tionsverhältnis, das zwischen ideologischer Aneignung und der für Deutungsmanipulationen offenen Kunstwerke besteht, spüren Proscheks höchst subtile Arbeiten nach. So auch sein ­Ölbild »Die Merz-Gefallenen« (2007), ­dessen ironisch-fiktive Szenerie im Münchner Haus der Kunst spielt, wobei im Vordergrund eine Skulptur nach ­Caspar David Friedrichs berühmtem Bild »Das Eismeer« zu sehen ist und sich im Nebenraum Elemente aus dem »Merz-Bau« von Kurt Schwitters auf­türmen. Parodistisch wird so das ­Kanonische mit der Möglichkeit seiner Verwerfung konfrontiert, wenn es mit dem Unbotmäßigen in Berührung gebracht wird – mit der Naziästhetik des Ausstellungstempels. Dass Kultur und Kunst der Moderne keine stabile Währung ­bilden, hat schon Jacques Derrida mit der Fest­stellung unterstrichen, Bedeutung ergebe sich ­nurmehr aus der Relation zwischen den Dingen, wodurch zugleich die Vorstellung, es gebe so etwas wie eine ursprüngliche, wahre Bedeutung, obsolet wird. Markus Proschek sagt dazu: »Für mich waren die auf das Thema gerichteten Sichtweisen ein wenig unbefriedigend. Die meisten ­zeitgenössischen Kunstwerke, die sich mit diesen Themen beschäftigten, schienen mir immer ent­weder sehr moralistisch, oberflächlich oder, noch schlimmer, langweilig.«