Neue Sachlichkeit

Kat. Contemporary Fine Arts Berlin

Ausstellungskatalog, hrsg. von Bruno Brunnet und Nicole Hackert
Text (dt./engl.) von Dana Žaja
32 S. mit 42 farbigen Abbildungen
Format 28 x 20 cm, geklammertes Heft

ISBN 978-3-86442-356-7

19,80 €

»Ich muß Sie malen! Ich muß!«

Das sagte Otto Dix zu Sylvia von Harden, als er ihr auf der Straße begegnete. »Sie repräsentieren eine ganze Zeitepoche!« Die »Neue Frau« der 1920er Jahre hatte ihren Schrank von den schweren Kleidern befreit, die die Generation ihrer Mütter belastete, sie durch eine Zigarette und einen kessen Bubikopf ersetzt – und war bereits zu ihrem eigenen Mythos geworden. Diese Flâneuse, die in den Schaufenstern der Kaufhäuser nach dem neuesten Mantel oder ihrem eigenen Spiegelbild Ausschau hielt, wurde schnell zum Inbegriff von Konsum und Eitelkeit. Auch wenn die künstlerische und literarische Bewegung der Zeit, die Neue Sachlichkeit, ihren desillusionierten, post-avantgardistischen Blick auf die alltäglichen politischen und sozialen Verhältnisse der Weimarer Republik richtete und der Sentimentalität und Innerlichkeit, wie sie der Expressionismus vertrat, den Rücken kehrte, blieb das Bild der »Neuen Frau« eher ein Klischee als ein Spiegelbild des weiblichen Alltags. Diese erstarrte, größtenteils von den Medien geschaffene Ikonographie wurde von den Künstlerinnen und Schriftstellerinnen der Zeit in ihren vielen Facetten hinterfragt und erforscht. Ohne Frage, »die Neue Frau der Weimarer Republik gab es nicht, doch es gab jede Menge Neue Frauen. Dennoch waren bis vor kurzem die meisten von ihnen vergessen, von der Kunstgeschichte ignoriert. 100 Jahre später hat sich vieles geändert, vieles ist aber auch gliech geblieben. Den Impuls zu dieser Ausstellung setzte die Wahrnehmung einer globalen Schwemme figurativer Malerei in den vergangenen Jahren. Inmitten der allgegenwärtigen Phänomene digitaler Bildwelten greifen die zeitgenössischen Künstlerinnen dieser Ausstellung die Begriffe Objektivität und Faktizität durch ihre unterschiedlichen Auffassungen von Figuration und Repräsentation wieder auf. In einer Zeit, in der es die Flâneuse nicht mehr gibt, und die Scrolleuse ihren Platz einnimmt – in der sich die Welt unter unseren Fingerspitzen entfaltet –, werden das Reale und das Surreale zwangsläufig miteinander vermischt.

Künstlerinnen:
Jagoda Bednarski, Genesis Belanger, Ellen Berkenblit, Francesca Facciola, Tanya Merrill, Sophie Reinhold, Dana Schutz, Katja Seib, Emily Mae Smith

Ausstellung:
CFA Contemporary Fine Arts Berlin, 10/6 – 17/7/2021